Sep, 24 2025
Ein Abend im Zeichen echter Rockenergie
Als ich am zweiten Tag von Nova Rock das Festivalgelände betrat, lag eine elektrische Spannung in der Luft. Die Fans hatten in den vergangenen Stunden von Linkin Parks Rückkehr nach Österreich geflüstert – das war das Wort des Tages. Doch als Iggy Pop die Bühne betrat, wurde die Erwartungshaltung sofort neu definiert.
Der Punk‑Ikone erschien in voller Lederkombi, ein Schild aus Leder und Metall, das sofort das Bild eines ungezähmten Rockers heraufbeschwor. Seine Stimme knurrte, die Gitarren schrien, und jedes einzelne Lied wirkte wie ein Manifest gegen milde Pop‑Verarbeitung. Für viele Besucher war das ein greifbares Beispiel dafür, was Rock im Kern ausmacht: rohe Authentizität, intensive Bühnenpräsenz und eine Verbindung, die keine technische Perfektion ersetzen kann.
Im Gegensatz dazu stand Linkin Parks Auftritt, den man als das Festival‑Highlight beworben hatte. Die Band, seit 2017 nicht mehr in Österreich aufgetreten, präsentierte sich mit Emily Armstrong als neuer Frontsängerin – ein mutiger Schritt nach Chester Benningtons Tod. Die Setlist beinhaltete Klassiker wie "Numb" und neue Stücke aus der From Zero-Tour, darunter ein überraschendes Live‑Fragment von "Overflow". Technisch war alles sauber, die Instrumente im Takt, doch die Atmosphäre wirkte gedämpft.
- Stimmung: Technisch stark, emotional zurückhaltend
- Publikumsreaktion: Applaus, aber kein durchdringendes Zertreten
- Kritik: Fehlende emotionale Intensität im Vergleich zu den Bennington‑Jahren
Emily Armstrong, die bereits im Vorfeld für Aufsehen gesorgt hatte, zeigte stimmliche Sicherheit, aber das Publikum sehnte sich nach dem rohen, fast schmerzhaften Ausdruck, den Chester Bennington verkörperte. Der Kontrast zu Iggys unverblümtem Auftritt war unübersehbar – während Pop das Publikum mit purer Leidenschaft anzog, schien Linkin Park eher zu laufen, als zu fliegen.
Die kleineren Acts am selben Abend lieferten jedoch Überraschungen, die das Gesamtbild auflockerten. Lokale Bands aus der Region spielten mit einer Energie, die selbst einige Headliner in den Schatten stellte. Besonders Rise Against, das kurz vor Linkin Park auf der Hauptbühne stand, brachte eine kraftvolle Mischung aus politischem Punk und melodischer Härte, die die Menge erneut in Ekstase versetzte.
Nur wenige Tage nach dem Festival verkündeten die Veranstalter die Headliner für Nova Rock 2026: Bring Me The Horizon und The Offspring. Die Ankündigung unterstreicht das Bestreben des Festivals, immer wieder große Namen aus der Rock‑ und Alternative‑Szene zu präsentieren und gleichzeitig Raum für aufstrebende Künstler zu schaffen.
Der Abend offenbarte die anhaltende Herausforderung, die Linkin Park in der Post‑Bennington‑Ära bewältigen muss: eine neue Identität finden, die sowohl das Erbe ehrt als auch frischen Wind hereinlässt. Während Emily Armstrong bei vielen Fans bereits als fähige Sängerin gilt, zeigte der Auftritt, dass die Band noch immer ihr Gleichgewicht sucht. Iggy Pop hingegen demonstrierte eindrucksvoll, dass Authentizität und roher Ausdruck nach wie vor das Herzstück des Rocks bilden.